Die Radlogistikbranche setzt ihren Wachstumskurs fort und prognostiziert ein jährliches Wachstum von 30% in den nächsten fünf Jahren. Der Radlogistik Verband Deutschland e.V. hat dieses Jahr zum ersten Mal zusammen mit der TH Wildau den Branchenreport erstellt und am 30. März die aktuellen Zahlen zur Branchenentwicklung öffentlich vorgestellt.
Inflation, Energiepreise und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erzeugen ein anspruchsvolles, wirtschaftspolitisches Umfeld. Die Radlogistik mit ihren vielen unterschiedlichen Akteuren scheint davon wenig beeindruckt zu sein. Der Gesamtumsatz der Branche hat von 2021 auf 2022 um 50 Mio. € auf 175 Mio. € zugenommen. Ebenso sind die Beschäftigtenzahlen im gleichen Zeitraum um über 1.250 Stellen auf insgesamt 4.200 Beschäftigte gestiegen. Für das Jahr 2023 gehen 72% der an der Umfrage Teilgenommenen von einem weiteren Personalzuwachs aus. Ein Anstieg, der nicht ganz ohne Wachstumsschmerzen auskommt: Auch die Radlogistik-Branche klagt über de Fachkräftemangel. Mehr als der Hälfte der Befragten fällt es schwer oder sehr schwer Personal zu finden. Besonders gefragt sind Mechaniker:innen, Fahrer:innen und Verkäufer:innen.
Auf der Herstellerseite haben sich die Absätze von Lastenrädern und -anhängern auf fast 27.300 Lastenräder und -anhänger fast verdoppelt. Einige Akteure haben zwar noch Lieferprobleme, bei mehr als der Hälfte sind jedoch Lastenräder für den Umstieg auf saubere Transporte verfügbar. „Erstaunt hat uns in den Daten der hohe Exportanteil der Hersteller von 45%. Der Absatzmarkt der Deutschen Lastenradhersteller ist damit zu einem relevanten Teil außerhalb der Landesgrenzen“ ergänzt Prof. Christian Rudolph, Leiter der BMDV-Stiftungsprofessur Radverkehr in intermodalen Verkehrsnetzen und Teil des Autor:innen-Teams der TH Wildau.
Die Radlogistik, die im Wesentlichen von kleinen und mittleren Unternehmen getragen wird, hat durch den Einsatz ökologischer Lastenräder im Jahr 2022 ca. 620 t CO2 eingespart gegenüber einer Last-Mile-Logistik unter Einsatz von Dieselfahrzeugen. „An dieser Stelle ist noch deutliche Luft nach oben um einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz auf der letzten Meile beizutragen“ ergänzt Dr. Tom Assmann, Vorsitzender vom RLVD und Mitautor. Obwohl methodisch die großen KEP-Dienstleister im Branchenreport nicht erfasst sind, sei man insgesamt vom 30%-Ziel Radlogistik auf der Letzten Meile bis 2030 noch weit entfernt. Trotz der wirtschaftlich schwierigen Situation der Radlogistik ist die Stimmung durchweg positiv in der Branche. Die Teilnehmenden gehen im Mittel von 30% Wachstum pro Jahr in den nächsten fünf Jahren aus.
An die Bundespolitik richtet der Verband klare Worte. „Es kann nicht sein, dass der Verkehrsbereich jährlich eklatant seine Klimaziele verfehlt, trotz Förderung. Wir fordern eine Verkehrspolitik, die heute verfügbare Effizienztechnologien mit gleichen Wettbewerbschancen und Förderungen versieht“ fordert Jonas Kremer, Fachvorstand Politik des RLVD. Dazu gehören die Förderfähigkeit von Leasing in der gewerblichen Lastenradförderung, die Erhöhung der Fördersätze, der deutliche Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, die Verbesserung der Mikro-Depot Richtlinie, faire Preise und der Wegfall der versteckten Subventionen für Verbrennerfahrzeuge.
Der aktuelle Branchenreport ist hier zu finden: Branchenreport 2023