Der Radlogistik Verband Deutschland e.V. (RLVD) hat im Vorfeld der Bundestagswahl Fragen an CDU, SPD, FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Die Antworten veröffentlichen wir hier als Wahlprüfsteine. Sie zeigen: Radlogistik gewinnt an politischer Bedeutung. Machen Sie sich anhand der RLVD-Wahlprüfsteine selber ein Bild und gehen Sie wählen am Sonntag!
Der RLVD steht den Parteien zur Verfügung wenn es nach der Bundestagswahl darum geht, Radlogistik durch konkrete Maßnahmen massiv auszubauen. Den Auftakt macht unsere 2. Nationale Radlogistik-Konferenz am 28./29. September 2021 in Frankfurt am Main. Herzliche Einladung!
RLVD Wahlprüfsteine: Lasten auf die Räder!
Acht Fragen des RLVD, acht mal Antworten von CDU, SPD, FDP, Linke und Bündnis90/Grüne. Hier unsere tabellarische Zusammenfassung. Darunter finden Sie die kompletten Fragen des RLVD und die Antworten der Parteien.
Frage 1:
Transporträder tragen stark zur Verkehrssicherheit, Lärmentlastung und Treibhausgasminderung sowie sauberer Luft bei. Lastenräder können 51% der Fahrten in Städten mit Gütertransport ersetzen (ECLF). Verfolgen Sie das Ziel der Verkehrswende und welche Rolle spielt für Sie dabei das Lastenrad?
Wir GRÜNE stellen nachhaltige Mobilität in den Mittelpunkt unserer Politik. Der Verkehr muss endlich seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Richtig gemacht bietet die Verkehrswende riesige Chancen, unseren Alltag und unsere Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land zu verbessern. Das Fahrrad hat dafür riesiges Potenzial. Bereits jetzt boomt die Fahrradindustrie und steigt die Nachfrage u.a. nach Transporträdern stark an. Um diese Potenziale auszuschöpfen, wollen wir GRÜNE Deutschland zum Fahrradland machen und die Anzahl der Wege mit dem Rad bis 2030 verdoppeln.
Unser Ziel ist mehr Klimaschutz im Verkehr. Hier sind wir bereits auf einem guten Weg. Lastenräder können dazu beitragen, die Klimaschutzziele im Verkehrsbereich zu erreichen,denn ihr Einsatz bietet Potenziale für einen emissionsfreien und lärmarmen Wirtschaftsverkehr insbesondere in Städten und Ballungsräumen.
Ja. Im Verkehrsbereich wurde seit 1990 bis ins Jahr 2019 – vor der Pandemie – keine einzige Tonne CO2 eingespart, wohingegen in allen Sektoren der CO2-Ausstoß um mehr als 35 Prozent gemindert wurde. Deswegen setzen wir uns insbesondere aus Klimaschutzgründen, aber auch zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und Minderung der Lärmbelastung durch den Verkehr für eine rasche und sehr umfassende sozial-ökologische Verkehrswende ein. Im Bereich der Gütertransporte und Logistik wollen wir Lkw- und Luftfrachtverkehr – als die beiden klimaschädlichsten Transportarten – durch Schienengütertransporte und Binnenschifffahrt sehr weitgehend ersetzen. Bei Transporten innerhalb der Städte und bei der Zustellung von Gütern zu den Kund*innen auf der sog. „letzten Meile“ müssen wir von Kraftfahrzeugen mit Verbrennern wegkommen. Hier können Lastenräder neben E-Fahrzeugen eine wichtige Rolle spielen.
Für uns ist der Emissionshandel das zentrale Instrument zum Erreichen der Klimaschutzziele. Schrittweise wollen wir ihn auf alle Sektoren ausweiten und für weltweite Wettbewerbsgleichheit auch nach Möglichkeit global ausrichten. Unter dem Dach des Emissionshandels muss Technologieoffenheit möglich sein. Weitere Lenkungsmaßnahmen, wie eine nationale CO2 Steuer, sind nicht nötig. Statt staatlicher Preissetzung setzen wir auf wettbewerbliche Effekte um kostengünstig und effizient CO2 einzusparen. Das Lastenrad kann dabei ein Baustein im zukünftigen Mobilitätsmix darstellen.
Wir werden die Verkehrswende voranbringen und bis 2030 das modernste und klimafreundlichste Mobilitätssystem Europas aufbauen. Das ist eine gesamtstaatliche Aufgabe aller föderaler Ebenen, zu der die Bundesregierung ihren Beitrag leisten wird, die aber auch Länder und Kommunen in die Pflicht nimmt. In diesem Zusammenhang spielt auch das Lastenrad eine gewichtige Rollen, um urbane Verkehrsräume für alle zu schaffen, die sicherer und klimafreundlicher sind. Einen Anreiz zum Umstieg vom Auto auf das Rad schaffen wir, indem wir zum Beispiel die Anschaffung von Lastenrädern finanziell unterstützen und auch den Ausbau der Radinfrastruktur generell mit hohen Investitionsmitteln unterstützen.
Frage 2:
Wirtschaftsverkehr und Logistik in Städten nimmt zu. Entsprechend der Aussage von Minister Andreas Scheuer können 30% der Sendungen per Lastenrad zugestellt werden. Teilen Sie diese Zielvorstellung und welche Maßnahmen werden Sie dafür ergreifen?
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten. Die auto- und lieferwagenzentrierte Stadt ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner sondern ein anstrengender Ort zum Leben. Wir GRÜNE wollen die Städte daher gezielt bei der Mobilitätswende unterstützen und es ihnen erleichtern, den Raum Straße neu aufzuteilen, Rad- und Fußwege anzulegen und in verkehrsberuhigten Innenstädten neue Logistikkonzepte einzuführen. In der städtischen Logistik wollen wir etwa den Einsatz von Lastenrädern und Cargo-Trams fördern sowie neue Verteilkonzepte wie Cityhubs vorantreiben.
Es besteht das Potenzial, dass ein Großteil der Sendungen künftig per Lastenrad zugestellt werden kann. Um dieses Potenzial zu heben, ist das Lastenrad ein wichtiger Bestandteil des von der unionsgeführten Bundesregierung beschlossenen Nationalen Radverkehrsplans (NRVP 3.0). Der NRVP 3.0 ist die Strategie für die Radverkehrsförderung in ganz Deutschland und Leitlinie für Bund, Länder, Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft bis 2030. So sollen zum Beispiel beim Neu- und Ausbau der Radinfrastruktur die besonderen Anforderungen für Lastenräder künftig mehr Berücksichtigung finden. Behörden und öffentliche Unternehmen sollen Transportfahrten nach Möglichkeit vermehrt als Lasten-/Fahrradfahrten ausschreiben. Der Bund wird die Regelung zur Radwegebenutzungspflicht für Lastenräder überprüfen und ggf. einschränken. Die Kommunen unterstützen den Einsatz von Lastenrädern zum Beispiel über die Regulierung von Zufahrtsberechtigungen für Fahrräder.
Verkehrsminister Andreas Scheuer ist immer gut darin, schöne Überschriften und ambitionierte Zahlen zu fabrizieren, dann aber keine entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Viele Güter sind durchaus von Größe und Gewicht her geeignet, dass diese auch mit Lastenrädern zugestellt werden können. Unser Ziel sind weitgehend autofreie Innenstädte und ein generelles Tempo 30 innerorts. Wir streben eine Steigerung des Anteils von Lastenrädern beim Wirtschaftsverkehr als nachhaltige Alternative von weit über 30 Prozent an. Verschiedene Studien halten einen Anteil von 50 Prozent und mehr für realistisch. Hierzu sind straßenrechtliche Veränderungen und weitere Förderprogramme für Lastenräder durch den Bund erforderlich.
Die Entscheidung über die Verkehrsträgerwahl bei Wirtschaftsverkehren müssen die Unternehmen treffen. Wir Freie Demokraten wollen allerdings die Bedürfnisse des Radverkehrs bei der Verkehrsplanung umfassend berücksichtigen. Das Ziel müssen mehr sichere Radwege und Radfahrstreifen sein. Die Priorität des Bundes muss für uns darin bestehen, in seinem Verantwortungsbereich entlang der Bundesfernstraßen, wo es sinnvoll ist, für gute Radwege zu sorgen. Damit diese auch schneller gebaut und saniert werden können, wollen wir auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Leider ist im aktuellen Nationalen Radverkehrsplan keine konkrete Zielgröße für den Lieferverkehr mit Lastenrädern genannt. Auch wenn wir die Ziele des NRVP weitgehend teilen, wären konkretere Umsetzungsvorschläge sinnvoll gewesen. Viele der darin aufgelisteten Absichten hätten zudem in der vergangenen Legislaturperiode bereits schon umgesetzt werden können. Eine deutliche Erhöhung des urbanen Lieferverkehrs mit dem Lastenrad erachten wir als wichtig, die vom Minister unverbindlich ins Spiel gebrachte Zahl von 30 Prozent sollte deshalb in eine verbindliche Zielgröße umgesetzt werden. Die existierende Förderung für gewerblich genutzte Lastenräder wollen wir fortsetzen. Auch ist zu prüfen, wie die Nutzung von städtischen Flächen für MikroHubs erleichtert werden kann.
Frage 3:
Die Kaufprämie für gewerbliche E-Lastenräder im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative ermöglicht nur die Förderung des Kaufs. Im gewerblichen Bereich ist jedoch das Leasing von Fahrzeugen oft Standard. Werden Sie eine Ausweitung der Förderung von Lastenrädern auf Leasingmodelle umsetzen?
Wir GRÜNE wollen ein groß angelegtes Förderprogramm für Lastenräder, um innerhalb von vier Jahren eine Million dieser umweltfreundlichen Transportmittel auf deutsche Straßen zu bringen. Dafür werden wir den Kauf von neuen E-Lastenrädern oder -anhängern bestimmter Fahrzeugklassen fördern, wenn sie gewerblich, gemeinnützig, gemeinschaftlich oder kommunal genutzt werden. Die detaillierte Ausgestaltung der Förderbedingungen, also ob und in welcher Form die Förderung Leasing-Modelle umfasst, wird im Rahmen der Erarbeitung der Förderrichtlinie festgelegt werden. In Baden-Württemberg werden aber bereits sowohl Leasing als auch der Kauf gewerblicher Lastenräder vom Verkehrsministerium gefördert.
Die Förderung des Radverkehrs ist ein wichtiges Element der zukunftsfähigen und nachhaltigen Mobilität. Der Radverkehr ist eine willkommene Ergänzung des Auto-und Lieferverkehrs in Stadt und Land. Lastenfahrräder steigern die Effektivität der Lieferketten – insbesondere auf der „letzten Meile“. Die Förderung des Lastenradverkehrs ist deswegen bereits Bestandteil des Nationalen Radverkehrsplans. Eine weitergehende Förderung des Radverkehrs wird sicherlich auch in der kommenden Legislaturperiode Thema sein.
Ja, wir unterstützen eine Ausweitung der Förderung von E-Lastenrädern auf Leasingmodelle. Dies gilt ausdrücklich auch für Lastenräder, die nicht elektronisch unterstützt bewegt werden. Denn angesichts eines Strommixesin Deutschland, der weiterhin zu über 50 Prozent aus fossil-nuklear erzeugtem Strom besteht, sind diese aus ökologischer Perspektive immer noch die beste Wahl. Daneben wollen wir den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Bikes beschleunigen und die Forschung zu neuen, effizienteren, leichteren und vor allem nachhaltigeren Batterietechnologien – insbesondere im Hinblick auf alle Formen von E-Bikes – fördern. Wir wollen zudem eine „Fahrradprämie für alle“ in Höhe von einmalig 200 Euro pro Person als Zuschuss zur Finanzierung von Wartung und Reparatur (einschließlich Ersatzteile) von Fahrrädern, E-Bikes, Lastenrädern, Fahrradanhängern sowie deren Ersatz- und Neubeschaffung.
Wir Freien Demokraten stehen einem weiteren Subventionsausbaukritisch gegenüber. Dadurch wird der faire Wettbewerb untergraben und viele Bevölkerungsgruppen, Unternehmen und Branchen benachteiligt. Aufgabe des Staates ist hier, durch eine zukunftsorientierte Verkehrsplanung die Attraktivität für die Fahrradnutzungim Straßenverkehr zu steigern. Daher sollte der Fokus der Ausgabenim Verkehrsbereich auf dem Ausbau einer zeitgemäßenInfrastruktur liegen.
Eine Förderung von Leasingmodellen, zum Beispiel vergleichbar der Regeln die für Plug-In Hybride gelten, werden wir prüfen.
Frage 4:
Micro-Hubs zum Umschlag auf Lastenräder sind essentiell für die Radlogistik in Städten. Bezahlbare Flächen dafür sind quasi nicht existent und blockieren Logistiker in der Umstellung. Werden Sie die Förderprogramme von BMU & BMVI zu Micro-Hubs verstetigen und wie wird die Beantragung erleichtert?
Ja, diese Programme werden wir GRÜNE im Falle einer Regierungsverantwortung fortsetzen und prüfen, wo Vereinfachungen möglich sind. Grundsätzlich gilt es, den öffentlichen Straßenraum in Innenstädten sinnvoller aufzuteilen und u.a. Ladezonen und dezentrale Flächen für Logistiker zu schaffen. Wir GRÜNE wollen dazu u.a. auch die Parkraumbewirtschaftung ausweiten.
CDU und CSU wollen Micro-Hubs auch in Zukunft fördern. Dabei werden wir uns dafür einsetzen, dass die Förderung unkompliziert erfolgt.
Wir wollen die Städte vom zunehmenden Lieferverkehr durch den Online-Handel entlasten. Micro-Hubs zum Umschlag auf Lastenräder können dabei eine wichtige Rolle spielen. Wir wollen daher die Förderprogramme für Micro-Hubs nicht nur verstetigen, sondern erhöhen. Bürokratische Hemmnisse bei der Beantragung der Fördermittel sollen beseitigt, der Zugang zu Flächen erleichtert werden.
Wir Freie Demokraten sehen in Micro-Hubs ebenfalls eine große Chance, um die Herausforderungen der letzten Meile in städtischen Gebieten meistern zu können und einen effektiven Weg, Lieferverkehre zu reduzieren und die Straßen zu entlasten. Jede Stadt hat dabei seine ganz eigenen Herausforderungen, weshalb wir die breit angelegten Förderprogramme zum Sammeln von Erfahrungen auch sehr unterstützen. Inwiefern eine Fortsetzung geboten ist und welche Vereinfachungen im Antragsverfahren möglich sind, muss eine Evaluierung der noch laufenden Programme ergeben.
Wir werden die Förderprogramme fortsetzen und auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen, wie bei solchen Prozessen üblich, die Antragsmodalitäten evaluieren und anpassen, sofern diese Probleme verursachen. In vielen Fällen reichen zum Umschlagen auch öffentliche Parkplätze aus. Wir wollen Regeln, wie sie zum Beispiel für stationäres Car-Sharing gelten, ausweiten, um Kommunen in die Lage zu versetzen, rechtssicher solche Flächen auch für Micro-Hubs vermieten zu können. Die Notwendigkeit solcher Flächenausweisungen müssen jedoch bei den allein zuständigen Kommunen erkannt werden
Frage 5:
Kommunen haben bisher kaum Möglichkeiten Logistikflächen (z.B. für Micro-Hubs) strategisch zu planen, Werden Sie eine Novellierung von BauGB und BauNVOanstreben, damit Logistikflächen auch innerstädtisch preisgebunden festgesetzt werden können und wie wollen sie dies gestalten?
Wir GRÜNE wollen klimafreundliche und flächenschonende Mobilität in Städten und Dörfern fördern. Die autozentrierte Stadt ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen unsere Städte bei der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es erleichtern, den Raum Straße vielfältig nutzbar zu machen, und auch die Baunutzungsverordnung und das Baugesetzbuch weiter entwickeln. In der Städtebauförderung wollen wir die Erstellung von Wirtschafts- und Gewerbeflächen-Entwicklungskonzepten stärken, die eine Übersicht über Flächenpotenziale beinhalten und es so ermöglichen, ein ausreichendes Flächenangebot bereitzuhalten. Hier können auch Logistikkonzepte mit einfließen.
Micro-Hubs sind ein wichtiges Element zur Organisation eines emissionsarmen Lieferverkehrs auf der „letzten Meile“. Bereits heute stehen den Kommunen zahlreiche Instrumentezur Verfügung, durch gezielte Bereitstellung, Ausweisung und Vermittlung von Flächen,entsprechende Infrastruktur strategisch zu planen, die auch die finanziellen Möglichkeitender Nutzer berücksichtigt. Gesetzgeberischen Anpassungsbedarf sehen wir derzeit nicht.
Durch weitgehend autofreie Innenstädte, wie sie die DIE LINKE anstrebt, werden wegen schmaleren Straßen und weniger Parkplätzen durchaus beachtliche Flächen frei. Diese können für den Radverkehr, den wir allgemein mit einem Fahrradgesetz stärken wollen, sowie für die Güterlogistik genutzt werden. An rechtlichen Rahmenbedingungen sind also neben dem Fahrradgesetz das Baugesetzbuch, die Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke und insbesondere deren Umsetzung durch die Länder anzugehen. Da dieser neu gewonnene Raum das Eigentum der Kommunen ist, können diese dann auch die Preise für die Logistikflächen niedrig halten. Hierbei ist besonders zu beachten, dass den Kommunen möglichst viel gestalterischer Raum für spezifische, technologieoffene und innovative Lösungen ermöglicht wird. Auch diese Güterlogistik sollte von Bund und Ländern finanziell gefördert wird, so etwa wie es bei der Einrichtung von Radschnellwegen bereits erfolgt.
Zahlreiche Modellprojekte zeigen, dass bereits heute die rechtlichen Rahmenbedingungen geeignet sind kleinteilige, dezentrale Logistikflächen inImmobilien oder nicht-stationäre Zwischenlager einzurichten. Eine Änderung des Rechtsrahmens mit dem Ziel, Privateigentümer oder Kommunen dazu zu verpflichten entsprechende Flächen an Logistikunternehmen preisgebunden abzugeben, sehen wir hingegen kritisch. Stattdessenunterstützen wir Freie Demokraten jede Form des Engagements von Unternehmen, die neue Wege gehen und innovative Projekte ausprobieren wollen. Um das zu ermöglichen, wollen wir die Unternehmen steuerlich entlasten und bürokratische Hürden abbauen.
Der zunehmende Onlinehandel stellt für viele Kommunen eine große verkehrspolitische Herausforderung dar. Bei der Belieferung und Abholung parken die Lieferfahrzeuge oftmals in der zweiten Reihe, behindern den Verkehrsfluss und gefährden auch andere Verkehrsteilnehmer:innen. Ein Großteil der Lieferfahrzeuge erzeugt gerade auf der letzten Meile Schadstoffe. Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, dass alle Lieferungen an einem zentralen Ort (MicroHubs) im Quartier gebracht und von dort ausgeliefert werden. Die Feinverteilung in Quartieren kann dann z.B. auch von umweltfreundlichen Fahrzeugen (kleine Elektroautos, Lastenräder usw.) übernommen werden. Mit dem neuen preislimitierten Vorkaufsrecht hat die Kommune mittlerweile die Möglichkeit ein zum Verkauf stehendes Grundstück zum Verkehrswert zu erwerben, bevor es auf den Markt kommt. Bei der Gestaltung dieses Grundstücks hat die Kommune nun die Möglichkeit u.a. auch Micro-Hubs auszuweisen, wenn dies für das Quartier notwendig und sinnvoll ist. Eine grundsätzliche Vorgabe des Gesetzgebers zur Ausweisung von Flächen erscheint allerdings nicht sinnvoll, da es je nach den örtlichen Gegebenheiten im Quartier individuelle Lösungen geben muss. Denkbar ist aber durchaus, dass mit Hilfe von bundesweiten Förderprogrammen im Rahmen des Quartiermanagements optimale Lösungen vor Ort gefunden werden könnten.
Frage 6:
Lastenräder werden bei öffentlichen Ausschreibungen trotz Ihrer Vorteile für Klima, Luft und Stadt nicht bevorzugt berücksichtigt. Werden Sie sich für die Aufnahme von Lastenrädern in die Gesetze und Regelungen zur nachhaltigen Beschaffung von Fahrzeugen und Transportdiensten einsetzen?
Ja.
Die aktuellen gesetzlichen Regelungen für die öffentliche Beschaffung sehen bereits die Möglichkeit zur nachhaltigen Beschaffung von Waren und Dienstleistungen vor. §97 Abs. 3 GWB ermöglicht, dass bei der öffentlichen Auftragsvergabe Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt werden können. Dies schließt auch die Beschaffung von Lastenfahrrädern und Transportdiensten zur Steigerung der Nachhaltigkeit mit ein. §127 Abs. 3 GWB legt darüber hinaus fest, dass die Zuschlagskriterien mit dem Auftrag in direkter Verbindung stehen müssen. Dies ist zwingend notwendig, um eine willkürliche Auftragsvergabe auszuschließen. CDU und CSU haben beide Paragraphen im Jahre 2016 infolge einer Richtlinienumsetzung zusammen mit dem Koalitionspartner im deutschen Recht verankert und steht weiterhin fest zu diesen Regelungen.
Ja. Zugunsten einer raschen und umfassenden sozial-ökologischen Verkehrswende könnten einschlägige öffentliche Ausschreibungen beispielsweise um ein Kriterium „CO2-arme Technologie“ ergänzt werden. Ziel muss sein, dass E-Fahrzeuge und Lastenräder, ob mit oder ohne Batterie betrieben, als klimafreundliche Verkehrsmittel bevorzugt berücksichtigt werden.
Für uns Freie Demokraten muss jeder öffentliche Auftraggeber selber darüber entscheiden, welches Fahrzeug oder Leistung für den gewünschten Zweck das Beste ist. Umwelt-und Nachhaltigkeitsaspekte werden dabei schon heute berücksichtigt.
Wir werden die Förderprogramme fortsetzen und auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen, wie bei solchen Prozessen üblich, die Antragsmodalitäten evaluieren und anpassen, sofern diese Probleme verursachen. In vielen Fällen reichen zum Umschlagen auch öffentliche Parkplätze aus. Wir wollen Regeln, wie sie zum Beispiel für stationäres Car-Sharing gelten, ausweiten, um Kommunen in die Lage zu versetzen, rechtssicher solche Flächen auch für Micro-Hubs vermieten zu können. Die Notwendigkeit solcher Flächenausweisungen müssen jedoch bei den allein zuständigen Kommunen erkannt werden.
Frage 7:
Auf europäischer Ebene erfolgt aktuell die Normung von Lastenrädern und die Revision der L-Fahrzeugklasse (EU 168/2013). Befürworten Sie europäisch einheitliche Regelungen? Wie wollen Sie die Innovation der Branche und die Substitution von Kraftfahrzeugen durch Lastenräder weiter stärken?
Wir halten europäisch einheitliche Regelungen für sinnvoll, um innerhalb des EU-Binnenmarktes überall gleiche Standards zu erreichen, damit etwa für schwerere Transporträder (wie Lieferfahrzeuge) im Sinne der Nachhaltigkeit und Kompatibilität einfach immer dieselben Maße (Orientierung an einer Europalette ist sinnvoll) gelten. Die Revision der Fahrzeugklasse L mit einer Ergänzung von Fahrzeugen, die schwerere Lasten transportieren können halten wir GRÜNE ebenfalls für sinnvoll, solange diese wichtigen Sicherheitsstandards genügen. Für gewerbliche Lastenräder planen wir ein Förderprogramm. Zudem werden wir die Förderung von Innovationen im Bereich nachhaltiger Mobilität weiter ausbauen.
CDU und CSU befürworten europäisch einheitliche Normen für Lastenräder, zum Beispiel für Wechselcontainer, digitale Schnittstellen und Softwarelösungen. Um die Innovation der Branche und die Substitution von Kraftfahrzeugen durch Lastenräder weiter zu stärken, kommt es insbesondere darauf an, optimale Rahmenbedingungen für den Einsatz von Lastenrädern zu schaffen. Dies ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft. Der Nationale Radverkehrsplan widmet sich umfangreich diesem Thema.
Da diese Frage den freien Warenverkehr betrifft, ist es EU-rechtlich geboten und zu begrüßen, eine Normung auf EU-Ebene vorzunehmen wie bei anderen Fahrzeugen auch. Jenseits der erwähnten Prämien für den gewerblichen Einsatz von E-Lastenrädern ergibt sich ein enormes Verlagerungspotential durch deren private Nutzung. Laut Auskunft auf eine Anfrage an die Bundesregierung wurde im Jahr 2020 die Anschaffung von lediglich 365 Lastenrädern mit insgesamt 727.000 Euro durch das Bundesumweltministerium gefördert. Wenn es für Elektroautos Kaufprämien von bis zu 8.000 Euro gibt, sind Kaufprämien für Fahrräder und Lastenräder für Privatmenschen nur recht und billig. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat in einem Antrag auf Bundestagsdrucksache 19/20539 eine „Fahrradprämie für alle“ in Höhe von 200 Euro gefordert, womit auch der Kauf von Lastenrädern bezuschusst werden könnte.
Eine einheitliche europäische Regelung kann sinnvoll sein, um auch eine gewisse Planungssicherheit für die Branche zu erlangen. Allerdings muss bei einer Revision der Verordnung darauf geachtet werden, dass die Regulierung nicht die Innovationskraft der Unternehmen ausbremst.
Da Deutschland Teil des europäischen Binnenmarktes ist, sind auch in diesem Falle einheitliche europäische Regeln geboten. Die Branche hat in den vergangenen Jahren bereits eine sehr hohe Innovationskraft gezeigt. Dies werden wir weiterhin unterstützen in einer Gesamtabwägung zwischen Stärkung klimafreundlicher Innovation und der Wahrung von Mindeststandards etwa für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden.
Frage 8:
In Städten ist die Umweltbelastung des Verkehrs sehr hoch. Eine Null-Emissions-Zone oder Umweltmaut vermeidet wirksam Verbrennerfahrzeuge. Sind Sie grundsätzlich dafür, dass Gemeinden derartige Maßnahmen rein auf eigenen Beschluss einführen können und wie wollen Sie den Gesetzesrahmen gestalten?
Wir GRÜNE wollen die Städte bei der Verkehrswende unterstützen. Dabei befürworten wir u.adie Einführung einer Zero-Emissions-Zone, in die nur emissionsfreie Fahrzeuge einfahren dürfen. Hierfür müsste die Bundesimisionsschutzverordnunggeändert und eine weiße Plakette für Kraftfahrzeuge eingeführt werden. Auch die Idee einer City-Maut, für die es in Europa bereits erfolgreiche Praxisbeispiele gibt, wollen wir unterstützen. Hierfür bräuchte es allerdings auf Landes- oder Bundesebene entsprechende gesetzliche Grundlagen etwa im Bundesimissionsschutzgesetz, in der Straßenverkehrsordnung oder in den jeweiligen Landesstraßengesetzen.
Für die Einführung einer Umweltmaut durch die Kommunen bedarf es eines Bundes- oder Landesgesetzes. Grund ist, dass eine Null-Emissions-Zone einen Eingriff in die Grundrechte der Straßennutzer und der Anlieger darstellt. Die Belastung durch Luftschadstoffe hat in den letzten Jahren kontinuierlich und deutlich abgenommen. Nur noch drei bis vier Prozent der verkehrsnahen Messstationen haben 2020 einen zu hohen Messwert von Stickstoffdioxid ausgewiesen, 2019 waren es noch 21 Prozent, 2018 42 Prozent. Gleichzeitig setzen CDU und CSU auf die Förderung der Elektromobilität und den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs.
DIE LINKE befürwortet es sehr, wenn Gemeinden über Novellen im Verkehrsrecht mehr Spielraum erhalten, um die Verkehrswende insbesondere mit weniger Autos eigenhändig zu gestalten. Dazu gehören auch die Einführung von Umwelt- oder Null-Emissions-Zonen sowie autofreie Innenstädte. DIE LINKE will, dass ab 2030 keine Pkw mit Verbrennermotoren mehr als Neuzulassungen auf die Straße kommen und es sollte zudem die schiere Anzahl von Kfz insgesamt verringert werden. Dafür brauchen Kommunen nicht nur ein effektives Parkraum-Management, sondern auch die Möglichkeit, gute, kostengünstige und barrierefreie Alternativen auszubauen. Es sind dafür deutlich mehr Mittel nach dem Regionalisierungsgesetzerforderlich, um nicht nur investive Maßnahmen beim Schienenpersonennahverkehr und ÖPNV zu ermöglichen, sondern auch um Fahrpreise zu reduzieren, wie es in Städten wie Nürnberg angegangen wird.
Dank innovativer Filtertechnik werden die Fahrzeuge immer sauberer, was sich auch auf die Umgebungsluft in den Städten niederschlägt. Stickoxid-und Feinstaubkonzentrationen waren im vergangen Jahr so niedrig, dass es nur noch in Ausnahmefällen zu leichten Grenzwertüberschreitungen beim Jahresmittelwert kam. Null-Emissions-Zonen oder eine Umweltmaut sind unverhältnismäßig und lehnen wir daher ab.
Niedrigemissionszonen gibt es in Deutschland bereits mit den Umweltzonen, die sich im Grundsatz bewährt haben. Der massive Aufwuchs der Elektromobilität im Pkw-Bereich wie auch die zunehmende Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs werden zudem helfen, die Klimabilanz des städtischen Verkehrs weiter deutlich zu verbessern in Richtung Klimaneutralität. Darüber hinaus setzen wir auf eine Stärkung des Umweltverbundes in Städten und vor allem auch in der Vernetzung mit dem Umland. Städte sind keine Inseln, auf dem Land wird das Auto absehbar Verkehrsmittel Nummer eins bleiben und auch eine entsprechende Bedeutung beim Pendelverkehr haben. Dafür muss man Lösungen finden, die auf die jeweilige kommunale und regionale Situation angepasst sind, die der Bund im Rahmen seiner Möglichkeiten und Zuständigkeiten aber unterstützt. Unser Ziel ist, dass wir vor allem die Angebotsseite stärken, indem wir den ÖPNV ausbauen, Mobilitätsstationen an den Stadträndern etablieren und diese effektiv mit alternativen Mobilitätsmöglichkeiten in die Stadt verknüpfen. Die SPD setzt sich für eine Mobilitätsgarantie ein, die allen Bürgern und Bürgerinnen sowohl in der Stadt als auch auf dem Land einen wohnortnahen Anschluss an den öffentlichen Verkehr bietet. Ein moderner Nahverkehr muss sich an den Bedürfnissen der Nutzenden ausrichten wie zum Beispiel mehr Flexibilität, höhere Qualität des Angebots, mehr Komfort, Bedarfsverkehre und die Einbindung neuer Angebote wie Ride-Sharing oder Pooling. Außerdem ist vor allem eine bedarfsgerechte Taktung wichtig, die sich an den realen Bedürfnissen der Nutzenden orientiert. Für den Umbau unserer Städte hin zu einer Neuverteilung des öffentlichen Raums pro umweltfreundliche Verkehrsträger haben wir ein Programm ‚Klimamobil‘ vorgesehen, mit dem wir den Mobilitätsstadtumbau unterstützen wollen. Im kommunalen Verkehr wollen wir über Modellprojekte herausfinden, wie sich auch unter anderem über ergänzende kommunale Finanzierungsinstrumente der klimafreundliche städtische und regionale Verkehr stärken lässt. Einen über Deutschland verteilten Mautflickenteppich sehen wir sehr skeptisch, auch angesichts der Erfahrungen mit den zahlreichen verwirrenden Ticketingsystemenim ÖPNV. Eine bundesweit nach einheitlichen Kriterien erhobene PkwMaut, die gegebenenfalls auch kommunale Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet hätte, ist an dem Unvermögen von Bundesverkehrsminister Scheuer gescheitert.